Mittwoch, 30. Januar 2013

Netzhautglas

Der Blick nach draußen so einfach.
Kannst du meine Gedanken lesen?
Ich öffne diesem Blick mein Herz.

Der Blick nach innen so verschleiert.
Was ist mit dir, was denkst du?
Ich sehe nichts, es ist so dunkel in dir.

Spiegel deiner Selbst.
Lass mich herein, verschließe nicht die Tür.
Ich möchte deine Seele sehen.

Was sagst du?!
Ich glaube dir nicht -
Augen sagen mehr als Worte.

Sie wollen mir so viel erzählen.
Gedanken. Gefühle.
Angst und Freude.

Warum lässt du sie nicht?
Was fürchtest du?
Enttäuschung?

Vertrauen.
Licht in deinen Augen.
Komm hervor, fürchte dich nicht.

Endlich sehe ich in dich hinein,
die Tür ist geöffnet, ich trete ein.
Deine Augen zeigen mir den Weg.

Deine Augen schließen sich.
Lass dich fallen, ich halte dich.
Das Glas zerspringt und du trittst hervor.




Samstag, 26. Januar 2013

Wind

Durch die Wipfel streichet leise
unsichtbar der Wind herein
Sag, wer kann den Wind erblicken,
der singend tanzt im Mondenschein?

Wie er hebt die welken Blätter,
sich sacht unter die Äste schiebt
und sich windet um die Zeit -
treibend, sanft, in Ewigkeit.

Ohne Hindernisse strömt er,
lässt entstehen und vergehen
trägt Relikte alter Zeit
unausweichlich, unerreichbar,
in neue, ferne Landen weit.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Busfahrt

Ah, willkommen, seid alle herzlich willkommen. Ihr, meine Gesichter, ich grüße euch, ihr weckt den Strom in mir, ich muss mich vor Nervosität zurechtrücken.. Ihr seid weit hergekommen: Aus Sümpfen gekrochen, packt ihr eure modrigen Unterseiten auf diese weichen Sitzkissenbezüge. Ihr seid erlesen, aus zuckenden Salzlachen gefischt, wie man euch mir, besser, wie ich mich euch entrissen habe, euch in Zeit und Raum verlor, so steht ihr noch immer mit Trennungsschmerz in den Zügen vor mir. Gesucht ward manchmal ihr von mir, oft auch mit gespreizten Mundwinkeln hinterher sehnend oder lachend, dröhnend laut brummend, penetrant sich wegwerfende Felder zur Linken, hechtsprüngige Wiesen, mit geschliffen gezogenen Wäldern zur Rechten. Panoramablicke aus Fliegen beschmierten Scheiben seid ihr, solange wir auf der Autobahnbusfahrt Gas geben, gebt ihr euer Bestes. Zeit schmeißt ihr weg, da ihr mich beglückt, und zornig wird der Himmel, oh nein, achte mehr auf's Wimmern, rastloses Auge: weint sie, die Natur, träufelt, weggewischtes Besorgen, denn Scheiben sind zum Durchschauen da und dort der Scheibenwischer wischt.
Doch worüber? Über Tränen, ja, doch Tränen worüber?
Über den verlorenen Knaben der sich selber sehend, sich seinen verflossenen Gesichter stellen müssend und ach der Liebe sehnend, dies als Zufälliges, als glückliches Können aufnimmt?
Es weint die Landschaft, meine, die draußen, es regnet, die Scheiben schmelzen weiterhin, oder nur Glas? Uns schütz also das Wasser? Die Regenplatte? Vor dem Wind und dem sich von uns Spiegelnden.
Uns, das sind: vollkörnig- lederne Durchhaltewangen, fettig silberne Kreuzworträtselmädels, blassblaue Kindersandalen, strukturbemühte Halbstarke, Vollstarke, Dialektstarke, Föhnfrisuren bis hin zu Fähigkeitsfrisuren, ungeduldige Ganggänger und Frontscheibenglotzer. Nun, in diesem kubischen Ich- Cocktail, diesem zeitlich sowie örtlich begrenzten Spiegelkabinett sollte ich mich doch richten, wenn schon nicht unterrichten können, oder?
Alte Floskeln, gewohnte Butterstullen, aufgewärmt Fremdes, aber vor allem abgelebte Neugierigkeit fässt sich in diesem Gefährt lauwarm grau an, wie abgenutztes Kinderspielzeug.
Dieser Plüschteddybär riecht muffelig, ja er beschert mir grizzlygroße Durfallgefühle.
Wieso kann man über abgeworfene Kleider nicht lachen?
Ja, der Nacken stellt sich- Zickzack- auf, ob Zeitungen oder feste Blick, ob Objekt oder nicht vorhanden, nicht nur bei mir, die Unterhosen zurren sich fest, möchten fremd bleiben, unter und bei sich, fremde Gerüche sich unerwünscht, zu Hause weiß man mehr, wem Hygenegefühl fehlt, reagiert man mit Langeweile.
Mottoliebende Mattscheiben bleiben aus, man kann ja nicht mal Livesendungen Linien getreu aufnehmen, geschweige denn für voll oder verarbeiten.
Sei es die örtliche Lawine außerhalb von innen, oder die nach außengestülpte Innerlichkeit auf den restlichen Sitzmöglichkeiten. Generell gilt: außer mir bleibt alles Rest.

Man kann Getränke bestellen.
Heiß, kalt oder ohne Temperatur, man kann aber auch den Nachbarn trinken oder sich mit Hilfe von schnell wechselnden Blicken einen Vollbusen- Halbglatzen- Drink zurechtmachen. Oder lassen. Die Stimmen der Zutaten laden dazu ein.
Nun schafft man es selten, den inneren, sozusagen hauseigenen Kellner davon zu überzeugen. Der Denkprozess landet im Mülleimer. Das Gehirn hat Sperrstunde, sobald die ersten Sinngäste betrunken sind. Lebt man trocken oder anonym, lassen sich in dieser Reisegesellschaft auch präzisere Rauschvarianten kreieren: Musische Drogen. Man wählt bei den wahlweise aus Stöpseln oder Ohrmuscheltellern schwappenden Substanzen stets zwischen elektronischem Erzeugnis oder akustischem Naturrohstoff.
Nun, mir wird leicht übel. Durcheinander herrscht vor, auch bei Sprichwörtern, die von Abstürzen wissen. Aber selbst in die größte Passivität zurückgezogen kommt man auch bei derartig rustikalen Tourismusorganisationen nicht an der differierenden Betäubungslaune meiner Ich-Passanten vorbei.. Im emotionalen Sinne gleicht dieser Raum einer einem Stahl-Beton- Konstrukt. Letzten Endes bleibt das Mobil aber freiheitlich- liberal, jeder bleibt steif.
Hingegen geworfene Scherzgefühle, erkitzelt jedoch das periodisch befestigte Klarsichtfolienquadrat, welches zum Ausstieg bei Gefahr ermutigt. Welche Gefahren meine Augen in diesem Zusammenhang darstellen, vermag mir leider kein Serviceteam zu verdeutlichen. Zumindest keins, in dem nicht auch ich betrunken werde, es gilt:
Besoffene Augen brechen Häufiger Beine als Fußballer.
Bevor ich mich hier nun übergebe, er erbricht sich der Bus diesem Gewitter meiner ständig wechselnden Empfindung, man nenne es auch meinen Körper. Wohl dem, der ihn erfassen, und nicht nur durch schwammartige Betastung erdfarben bzw. erfahren kann.
Glitzersternchen berieseln meine glotzenden Zustände (Fahrgäste), in bierbegossener Glückseligkeit dem letzten Kellner suchenden entgegen, und bestelle er auch Butter, man tränke ihm zu, wenn man noch könnte.
Doch jetzt heißt es: Einsteigen bitte.
Was darf ich ihnen bringen?

Sonntag, 6. Januar 2013

Lateinamerika I


....ihr lieben!!! heute verfasse ich die vorlaeufig letzte e-mail aus dem wunderschoenen riobamba! juán, iván, yvonne und ich fahren morgen zurueck nach quito, um iváncito am freitag dort zu verabschieden - er faehrt zurueck in die deutschen lande, und ist nicht gerade verzueckt darueber! uebrigens, meine damen und herren, ich bin jetzt stolze besitzerin einer astreinen klarinette. da meine oma letzte woche umgezogen ist hat mein vater beim !entruempeln! eben dieses wundervolle instrument, und des weiteren eine piccolofloete - ebenfalls in gesundem zustand gefunden. tja, es ist also nicht so, dass ich im naechsten jahr ziellos in die heimat zurueck kehre, ich denke, ich werde multiinstrumentalistin, und mache leuten wie yann thiersen oder sir p.mccartney in der hinsicht konkurrenz! die stuhlprobe haben ja die meisten von euch erhalten - nein, keine angst, ich habe nicht vor euch den kot erneut schmackhaft zu machen, vielmehr moechte ich anfuehren, dass wir eine aeusserst gewoehnungsbeduerftige art der ernaehrung haben. wir essen ziemlich reich, das muss ich vorab loswerden, die hosen passen demnach astrein, und der gang zur toilette lohnt sich wirklich. das problem liegt darin, dass wir aeusserst spaet das tageslicht erblicken, uns noch viel spaeter aus den federn erheben, ungefaehr eine stunde brauchen, bis wir alle, die sich noch von uns einladen lassen eingesammelt haben (((wir haben hier einen permanenten schmarotzer an unserer seite, paco - bruder von iván und juán - er ist 25 jahre alt, und laesst sich alles von uns bezahlen, ist immer nur da, wenn es essen gibt; fuer ihn ist alles eine selbstverstaendlichkeit, der junge frisst sich - auf gut deutsch - nur bei uns durch; yvonne und ich koennen ihn mittlerweile nicht mehr ausstehen, wir laden gerne ein, lassen uns aber nicht ausnutzen; neulich hat juán wiedereinmal das mittagessen bezahlt, und ich sagte zu ihm,  nein, warum zahlst du schon wieder, darauf meinte er, wenn ich nicht bezahle wirst du wieder zur kasse gebeten, da fing paco an schmierig zu grinsen, und ich sagte fingerzeigend zu ihm: und du, du zahlst ueberhaupt nicht!; uns platzt langsam der kragen, und yvonne und ich fangen an unsere leckererien vom baecker vor ihm zu verstecken, uns stoert von tag zu tag mehr an ihm, und wir muessen uns beherrschen nicht unfair zu sein - tja, aber solche leute findet man in allen teilen der welt!))), so, und wenn wir dann schließlich komplett sind begeben wir uns endlich auf nahrungssuche. ich lag schon haeufiger mit waggersteinen in meinem bettchen, und wuenschte, ich haette deutsches bulrichsalz an meiner seite.
so ihr lieben leutchen, nun will ich abschied nehmen, ich denke, dass wir zum wochenende wieder in riobamba sind - wie es dann weitergeht wissen wir auch noch nicht, ich denke aber, dass wir in ca. zwei wochen unsere reise richtung kueste fortsetzen werden, oder vielleicht nochmal einen etwas ausgiebigeren dschungeltrip wagen. macht's gut! chau a n j a